Tests und Zusammenarbeit ohne Grenzen für die neuen Coradia-Elektrotriebwagen der CFL
Die Testkampagnen in Luxemburg, Frankreich und Belgien laufen auf Hochtouren. Ziel ist es die 34 neuen Coradia Stream High Capacity zu homologieren, die die CFL bei Alstom bestellt hat. Ein historisches Projekt, das das Sitzplatzangebot bis 2025 um 46% erhöhen wird. Bereits im ersten Quartal 2024 sollen die ersten Triebwagen in Betrieb genommen werden.
Arlon, nicht weit vom Bahnhof und nur einen Katzensprung von der luxemburgischen Grenze entfernt. Auf einem SNCB-Gelände finden wir brandneue Züge in den Farben der CFL. Von Alstom hergestellte Coradia Stream High Capacity-Triebwagen, die an dieser für die Dauer der Tests bezüglich ihrer Zulassung als Mehrfacheinheit, abgestellt sind.
Bei Mehrfacharbeiten handelt es sich um eine Konfiguration von 9 Wagen, die eine noch nie dagewesene Anzahl von Sitzplätzen in einem einzigen Zug bietet. Wir sprachen mit Mike Strotz, der bei der CFL für die Beschaffung des neuen Rollmaterials zuständig ist, über die neuesten Fortschritte des Projekts.
Wie werden die Tests der Coradia Stream High Capacity organisiert?
Die Testkampagne folgt dem vom Hersteller Alstom vorgesehenen Vorgehen. Dieser Ansatz besteht aus drei Phasen, die sich nach der Zusammensetzung des Rollmaterials während des Betriebs richten, um eine möglichst schnelle Inbetriebnahme zu ermöglichen. Wir führen diese drei Testphasen in jedem der drei betroffenen Länder, sprich in Luxemburg, Frankreich und Belgien durch, da die Triebwagen – wie der Großteil des Rollmaterials der CFL – über die Grenzen des Großherzogtums hin genutzt werden.
Wie istgenau unter den unterschiedlichen Phasen zu verstehen?
Die ersten Tests wurden mit Elektrotriebwagen der Baureihe 2400 in „Einzeleinheiten“ durchgeführt, die aus drei Wagen bestehen, die wir auch als „Kasten“ bezeichnen. Die Tests in der Einzeleinheit sind abgeschlossen und die Zulassungsunterlagen, die die für den Einsatz in Frankreich, Belgien und Luxemburg erforderlichen Tests berücksichtigen, wurden am 5. September an die Eisenbahnagentur der Europäischen Union (ERA) gesandt.
Danach folgen Tests in Mehrfacheinheiten, d. h. drei Elektrotriebwagen (mit jeweils drei Wagen) der Baureihe 2400, die zu einer Einheit von neun Wagen zusammengekuppelt werden. Diese Konfiguration wird derzeit in Arlon getestet, bevor ähnliche Tests in Luxemburg und dann in Frankreich durchgeführt werden. Wir planen, den Zulassungsantrag für die Mehrfacheinheit im ersten Quartal 2024 bei der ERA einzureichen. Die dritte Phase schließlich wird sich auf die Baureihe 2450 konzentrieren, bei der es sich um eine Variante eines sechsteiligen Triebwagens handelt.
In wie fern bieten die aktuellen Tests einen Mehrwert für die nächste Testkampagne?
Die Ergebnisse, die wir im Laufe der Tests erhalten haben, bieten den Mehrwert, dass wir bestimmte Tests in späteren Kampagnen nicht mehr durchführen müssen. Stattdessen werden bei jeder Testkampagne mehrere Elemente systematisch getestet und kontrolliert. Ich denke dabei insbesondere an die Kompatibilität der Elektrotriebwagen mit dem elektrischen System des jeweiligen Landes und vor allem an das europäische Sicherheitssystem, das ETCS, da die Sicherheit unserer Kollegen und Kunden bei der CFL oberste Priorität hat.
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Welche Rolle spielen die CFL während dieser Tests?
Wir sind seit langem an Tests in mehreren Ländern gewöhnt, da, wie ich bereits sagte, unser Rollmaterial täglich die Grenzen des Großherzogtum in Richtung der Nachbarländer überquert. Davon abgesehen ist diese Kampagne die erste, die nach dem „4. Eisenbahnpaket“ der EU durchgeführt wird, das die Einschaltung der ERA für die Zulassung von Rollmaterial, das in mehreren Ländern verkehrt, vorsieht.
Dieses neue Verfahren beinhaltet unter anderem die Einschaltung eines externen Partners für die Überwachung und Validierung der Tests. Obwohl wir bei der Durchführung dieser Tests nur eine Beobachterrolle einnehmen, lassen wir es uns nicht nehmen, uns regelmäßig ein Bild davon zu machen, was vor Ort in Belgien und Frankreich geschieht. In Luxemburg ist die Situation etwas anders, da die externen Partner ein Eisenbahnunternehmen benötigen, das die Züge während der Tests führt. Diese Aufgabe wurde für die Tests im Großherzogtum dem Eisenbahnunternehmen der CFL zugewiesen, so dass wir vor Ort viel stärker eingebunden sind.
Wann erwarten Sie eine Rückmeldung der ERA bezüglich der Zulassung von Einzeleinheiten?
Die von der ERA vorgesehene Frist für eine Rückmeldung beträgt 5 Monate. Wir rechnen also damit, dass wir im Februar 2024 die Marktzulassung erhalten.
Was sind die nächsten Schritte in diesem für die CFL historischen Projekt? Wir erinnern daran, dass die Coradia Stream High Capacity bis 2025 über 46% mehr Sitzplätze bieten werden.
Parallel zu den Tests und deren Validierung ist das gesamte Team der CFL, das für die Beschaffung dieses neuen Rollmaterials verantwortlich ist, damit beschäftigt, die Abnahme des ersten Triebwagens in Barcelona vorzubereiten, der das Werk unter Serienbedingungen verlassen wird. Wenn dieser Zug Mitte Oktober mit Alstom abgestimmt wird, wird er im November nach Luxemburg transportiert.
Sobald die Marktzulassung erteilt ist, wird dieser erste Triebwagen so schnell wie möglich in Betrieb genommen. Um eine reibungslose Inbetriebnahme für unsere Kunden zu gewährleisten, wird der Triebwagen zunächst rund 1.000 Kilometer leer fahren. Eine letzte Testfahrt sozusagen, bevor wir das Vergnügen haben, die ersten Kunden einsteigen zu sehen!