„Wir wollen alle Elemente der Mobilitätskette anbieten“

CFL Gruppe
// 12 Juni 2024

CFL-Generaldirektor Marc Wengler erläutert die Schwerpunkte des Rapport annuel 2023

Marc Wengler, die CFL hat am 10. Juni einen Strich unter die Resultate des Jahres 2023 gezogen. Welches Fazit ziehen Sie persönlich aus dem vergangenen Jahr?

Das vergangene Jahr war ein Jahr der Rekorde und ich möchte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meinen Dank aussprechen, weil sie mit ihrem Engagement zu diesen herausragenden Ergebnissen beigetragen haben. In Sachen Umsatz konnten wir bereits zum dritten Mal mehr als eine Milliarde Euro Umsatz verbuchen. Mit 28,7 Millionen beförderter Kunden in unseren Zügen haben wir den 2019 aufgestellten Passagierrekord von 25 Millionen gebrochen. Während wir in den vergangenen Jahren also noch deutlich unter diesem Niveau lagen, vor allem durch die Nachwehen der Pandemie, befinden wir uns jetzt wieder auf Kurs.

Im Jahr 2023 stiegen die Fahrgastzahlen in den CFL-Zügen wieder so stark an wie vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie.

Der Zug als Transportmittel bleibt also weiterhin attraktiv im öffentlichen Personennahverkehr?

Ja und die Zahlen sprechen auch eine klare Sprache. Luxemburg und die Großregion entwickeln sich stetig weiter, vor allem auch demographisch. Mit dem Bevölkerungszuwachs kommen zusätzliche Mobilitätsbedürfnisse hinzu. Mobilitätsbedürfnisse, die wir nicht durch den Individualverkehr lösen können. Das Zauberwort heißt Multimodalität. Dem Zug kommt in der Mobilitätskette in und rund um Luxemburg eine besondere Rolle zu. Kein anderes Transportmittel verfügt über die Kapazitäten, die ein Zug bieten kann. Der Zug ist also, mehr denn je gefragt. Nun liegt es an uns, dafür zu sorgen, dass der Zug auch weiterhin attraktiv bleibt…

Die CFL legte ihren Jahresbericht am Montag, den 10. Juni 2024 vor.

…was ein vielschichtiges Anliegen darstellt…

Das Thema Kapazität ist im öffentlichen Personennahverkehr besonders wichtig. Das Angebot von Sitzplätzen, die der Nachfrage entsprechen, ist eine klare Handlungsmaxime unseres Unternehmens. Ende 2018 haben wir eine Rekordsumme in den Ausbau unserer Flotte investiert. Mit 34 neuen Coradia-Elektrotriebwagen und einem Budget von 400 Millionen Euro haben wir ein klares Zeichen für den Zug gesetzt. Ein Plus von 46% an Sitzplätzen können wir so bis 2025/26 anbieten.

Die neuen Coradia der CFL werden ab der zweiten Jahreshälfte 2024 schrittweise in Betrieb genommen.

Es reicht aber nicht, mehr Züge auf einem Schienennetz einzusetzen das, wie die letzten Jahre gezeigt haben, an seine Grenzen stößt?

In diesem Sinne arbeiten wir seit einigen Jahren an der Entlastung und dem weiteren Ausbau des Schienennetzes. Diese Arbeiten wurden 2023 fortgeführt, was sich auch in 301 Tagen widerspiegelt, an denen die CFL für Ihre Kunden am Schienennetz gearbeitet haben. Dabei stehen unterschiedliche Elemente im Fokus: Zum einen die kontinuierliche Wartung des bestehenden Netzes, damit wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Kundinnen und Kunden auch weiterhin Sicherheit und Komfort garantieren können. Zum anderen arbeitet die CFL an der Schaffung von multimodalen Umsteigeplattformen, den sogenannten „pôles d’échange“. In Mersch konnten wir letztes Jahr eine moderne Umsteigeplattform zur Verfügung stellen, die den unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnissen unserer Kunden gerecht wird.

Die Mobilität von morgen ist also multimodal ausgerichtet?

Absolut. Als CFL wollen wir alle Elemente der Mobilitätskette anbieten. 2023 haben wir so zum Beispiel die Verwaltung des früheren mbox-Netzes übernommen. Mit über 70 bikeboxen bieten wir Kunden, die mit dem Fahrrad reisen, die Möglichkeit an, ihr Zweirad sicher abzustellen und ihre Reise mit dem Zug fortzuführen. Seit letztem Jahr widmet die CFL dem Thema Fahrrad auch eine eigene Fahrradstrategie. Das Reisen mit dem Rad soll einfacher werden. Für unsere Kunden heißt dies mehr Platz in den Zügen für das sichere Abstellen des Fahrrads, Aufzüge an den Bahnhöfen, die die Mitnahme von Fahrrädern vereinfachen, Fahrradrinnen, die die Mitnahme von Fahrrädern im inneren der Bahnhöfe vereinfachen, sowie eine verständliche Beschilderung.

Das Auto bleibt jedoch auch weiterhin ein wichtiges Glied in der Mobilitätskette?

Das Auto spielt im Mobilitätsalltag vieler Kunden weiterhin eine wichtige Rolle. Damit Kunden Auto und Zug besser miteinander verbinden können, sieht die CFL auch den Ausbau der Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe der CFL-Bahnhöfe vor. Allein 2023 konnten wir mit der Inbetriebnahme der P+R-Anlagen von Mersch und Rodange 2.000 zusätzliche Parkplätze zur Verfügung stellen, so dass unser Angebot nunmehr 8.512 Stellplätze umfasst. Ein schlagfertiges Argument für Kunden, die bewusst die Vorteile des Autos mit jenen des Zuges verbinden möchten.

Damit Kunden im Alltag ohne eigenes Auto mobil bleiben können, bauen wir unser Angebot rund um unsere Filiale CFL mobility und deren Flex-Produkt weiter aus – und treffen hiermit den aktuellen Zeitgeist. Immer mehr Menschen verzichten auf das Privatauto in ihrem Mobilitätsalltag und greifen bewusst auf den nachhaltigeren öffentlichen Transport zurück. Mit der Flex-Flotte stellen wir unseren Kunden hier Mobilitätslösungen zur Verfügung, die ihnen helfen, die ersten und letzten Kilometer durch Carsharing zu überwinden. Ein Modell, das zukunftsbeständig ist: Voriges Jahr konnten wir einen 25-prozentigen Anstieg unserer Flex-Abonnenten registrieren. In Sachen Mobilität findet aktuell ein Paradigmenwechsel statt, ein Umdenken. Und das ist ein Zug, auf den aufspringen möchten.

„Im Vergleich zur Straße ist die Frachtbeförderung über die Schiene nachhaltiger.“

Marc Wengler, Generaldirektor der CFL-Gruppe

Ein Umdenken, das über den Personentransport hinausgeht?

Auch im Bereich der Frachtbeförderung stellen wir seit mehreren Jahren ein Umdenken fest. Wenn wir den Green Deal und die CO2-Reduktionsziele der Europäischen Union erreichen wollen, dann muss der Transportsektor nachhaltiger und innovativer werden. Mit unserer breit aufgestellten Palette an Lösungen, die alle Glieder der Logistikkette abdecken, fördern wir dieses Umdenken gezielt.

Im Vergleich zur Straße ist die Frachtbeförderung über die Schiene nachhaltiger. Die Schiene stößt neun Mal weniger CO2 aus, verursacht acht Mal weniger Luftverschmutzung und verbraucht sechs Mal weniger Energie. Klare Argumente für die Schiene. Neben dem Nachhaltigkeits-Aspekt bieten unsere Frachtaktivitäten zudem die Vorteile eines „one-shop-stops“. Alle logistischen Bedürfnisse werden von unseren Frachtabteilungen abgedeckt und unsere Kunden haben es somit bloß mit einem Ansprechpartner zu tun.

2023 konnte die CFL-Gruppe im Frachtbereich ein weiteres Standbein integrieren.

Multimodalität spielt in unserer Strategie eine wichtige Rolle. Wenn wir uns weiterhin als logistisches Zentrum in Europa positionieren wollen, dann ist es wichtig ein großes Spektrum an logistischen Lösungen abdecken zu können. In diesem Sinne hat die CFL-Gruppe letztes Jahr Anteile des Hauptbetreibers des „Port der Mertert“ erworben. Mit diesem strategischen Schachzug stellen wir unsere Frachtaktivitäten nun trimodal auf, sprich wir decken die Schiene, die Straße und auch den Seeweg ab. Ein weiterer Baustein in Rahmen unsere Aktivitäten, die jetzt bereits die großen europäischen Häfen miteinander verbinden.

„Um attraktiv zu bleiben, braucht die Frachtbeförderung über die Schiene einen angemessenen Rahmen.“

Marc Wengler, Generaldirektor der CFL-Gruppe

2023 war wirtschaftlich gesehen für viele Kunden ein schwierigeres Jahr, vor allem im Kontext des Krieges in der Ukraine und der Nachwehen der Pandemie. Wie haben sich diese Begebenheiten auf den Umsatz der CFL-Gruppe ausgewirkt?

Wirtschaftlich gesehen spüren wir den Einfluss dieser Begebenheiten in allen Bereichen, auch im Frachtbereich. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist unser Umsatz im Frachtbereich auch leicht zurückgegangen (-0,8%). Als CFL sind wir allerdings davon überzeugt, dass der Schiene, vor allem innovativer Frachtbeförderung, in Zukunft eine Schlüsselrolle zukommt. In den vergangenen Jahren haben wir folglich weiter investiert. Die Frachtbeförderung über die Schiene muss attraktiv bleiben und benötigt dafür auch angemessene Rahmenbedingungen – ich denke da an die europäische Direktive rund um die sogenannten Gigaliner, die ganz klar die Straße bevorteilt.

„An der Schiene führt in Europe kein Weg vorbei.“

Marc Wengler, Generaldirektor der CFL-Gruppe

Wir wollen uns als CFL-Gruppe breit aufstellen und weiterhin Argumente für den nachhaltigeren Schienenverkehr liefern. Die CFL-Gruppe hat beispielsweise in zehn neue Traxx-MS3-Lokomotiven investiert. Sie verfügen über einen Hybridantrieb und sind auf den Schienennetzen in Luxemburg, Deutschland und Polen einsetzbar – ohne dass ein Lokwechsel an den jeweiligen Grenzen nötig wäre. Das spart unseren Kunden Zeit und somit Geld. Weitere Länder werden folgen und uns somit ermöglichen, diese Loks auf Nord/Süd- und West/Ost-Achsen einzusetzen. Wie im vergangenen Jahr werden wir auch in Zukunft daraufsetzen, strategische Partnerschaften auf- und auszubauen, die die Rolle der Schiene in Sachen Frachtbeförderung festigen.

Die neuen Traxx-MS3-Lokomotiven.

In diesem Sinne wurde beispielsweise 2023 eine neue Partnerschaft mit Bertani Trasporti abgeschlossen – ein klares Zeichen, unsere Aktivitäten im osteuropäischen Markt weiter zu verstärken. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, wurde Ende 2022 auch ein dritter Portalkran an unserem Standort in Bettemburg installiert, um der Nachfrage gerecht zu werden.  Kapazitäten, die dringend notwendig sind, um für das steigende Frachtaufkommen gewappnet zu sein. Bis 2030 gehen wir davon aus, dass 30% mehr Güter in Europa transportiert werden. Ein Zuwachs, der nicht von der Straße allein bewältigt werden kann. Als CFL-Gruppe sehen wir unsere Palette von aufeinander abgestimmten Produkten als Lösung für diese Herausforderung. An der Schiene führt in Europe kein Weg vorbei.

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